Landkreis muss über 600 zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen
Liebe Mitbürger im Landkreis Gifhorn,
bisher wurde nur in der Nichtöffentlichkeit der politischen Gremien informiert, da es sich scheinbar um ein "verbotenes Thema" handelt. Der Landkreis Gifhorn muss bis zum März 2024 rund 650 zusätzliche Flüchtlinge mit nicht vorhersehbarer Nationalität/Herkunft aufnehmen. Einen entsprechenden Bericht der Gifhorner Rundschau vom 22. Oktober 2023 kann ich inhaltlich als richtig bestätigen. Seit Anfang Oktober ist die Politik im Landkreis und seit Mitte Oktober in der Gemeinde Sassenburg über diesen Sachstand informiert, nachdem Ende September 2023 von der Landesregierung neue Zuteilungsquoten festgelegt worden sind.
Darüber hinaus sucht die Landesaufnahmebehörde in Hannover landesweit nach dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten, da die Messehallen in Laatzen durch die ab 12. November 2023 anstehende Messe Agritechnica sowie die bisher genutzten Kasernen im Heidekreis nicht mehr zur Verfügung stehen. Eine Option davon ist, dass die Erstaufnahmeeinrichtung des Landreises Gifhorn in Ehra-Lessien erneut Außenstelle der Landesaufnahmebehörde wird und dort bis zu 1.000 Flüchtlinge untergebracht werden können. Auch diesbezüglich ist der Bericht der Gifhorner Rundschau zu bestätigen.
Beispielsweise müsste die Gemeinde Sassenburg über den Verteilerschlüssel des Landkreises bis zu 40 Flüchtlinge zusätzlich aufnehmen. Die Sassenburger Gemeindeverwaltung wird daher wieder intensiv über das Internet und über das Mitteilungsblatt "Die Sassenburg" nach Wohnraum suchen, den es kaum noch gibt. Schon gar nicht innerhalb der festgelegten Miet-Obergrenzen. Daher gibt es im Landkreis Gifhorn, so wie vermutlich in jedem Landkreis und jeder Gemeinde/Stadt, Notfallpläne zur Errichtung von Notunterkünften in öffentlichen Gebäuden, wozu auch Sporthallen zählen. Auch dazu ist der Zeitungsbericht zu bestätigen.
Stimmung längst gekippt
Die Stimmung in Deutschland zur Flüchtlingsaufnahme ist längst gekippt, wobei die Thematik immer mehr als "verbotenes Thema" behandelt wird. Insbesondere Landrat Tobias Heilmann (SPD) schafft es nicht, mit dem Thema transparent und offensiv umzugehen. Seine Verwaltung zieht sich komplett in den nichtöffentlichen Raum zurück. Der Schaden überwiegt durch die Vorgehensweise dem Nutzen deutlich. Es gibt gar keinen Grund für nichtöffentliche Geheimniskrämerei, denn die anfallenden Kosten müssen eh im Haushalt dargestellt werden und Haushaltrecht ist öffentliches Recht. Als Landrat, würde ich, nachdem ich diese Informationen erhalten hätte, am Folgetag alle Helfer in den Rittersaal des Schlosses einladen, um sich transparent und durchorganisiert der Herausforderung zustellen.
Bürger wollen informiert und mitgenommen statt vor vollendete Tatsachen gestellt und über die Kosten und Auswirkungen vollständig aufgeklärt werden. Dadurch sinkt die Akzeptanz und wird es immer schwieriger Menschen für die Unterstützung in der Flüchtlingshilfe zu gewinnen. Als ehrenamtlicher Helfer bekommt man die Überforderung des Landkreises, des Jobcenters, der Familienkasse, der Krankenkasse etc. täglich zu spüren. Bearbeitungszeiten von 3 Monaten und länger sind keine Seltenheit sondern eher die Regel. "Verbotenes Thema" - Augen zu und durch ist bisher die Devise.
Deutschland kann nicht völlig unkontrolliert jedes Jahr Flüchtlinge in der Anzahl einer Großstadt aufnehmen. Es besteht dringender Handlungsbedarf zur Steuerung, bei dem die SPD-geführte Bundes- und Landesregierung ein desolates Bild abgibt. Wenn es schon nicht in Deutschland möglich ist zu regeln, braucht man auf eine gemeinsame europäische Lösung nicht zu hoffen . Die Handlungsunfähigkeit müssen letztendlich die Kommunen ausbaden. Und diese haben neben der Wohnraumsuche noch mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen. Die Menschen bringen ihre Konflikte und Wertvorstellungen mit, in denen sie aufgewachsen oder die Ihnen jahrelang eingeredet worden sind. Auch diese Thematik darf kein "verbotenes Thema" sein.
Kosten für Flüchtlinge in Höhe von 25 Millionen Euro
Die Gesamtkosten im Landkreis Gifhorn für Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen belaufen sich im Jahr 2022 auf rund 24,8 Millionen Euro. Davon muss der Landkreis mehr als 9,7 Millionen Euro selbst aufbringen. An der Finanzierung werden auch die Mitgliedskommunen direkt über die Kreisumlage beteiligt, deren Höhe sich nicht unwesentlich nach diesen Kosten richtet. Es ist davon auszugehen, dass die Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2024 noch einmal deutlich steigen wird und die eh schon kritischen Haushalte der Mitgliedskommunen weiter belastet.
Die Kostenaufstellung musste extra vom Landratsbüro angefordert werden. Diese lag den Kreistagsabgeordneten nicht vor und wurde nur in der Bürgermeisterrunde der Mitgliedsgemeinden vorgestellt. Die Kosten sind scheinbar auch ein "verbotenes Thema".
Andreas Kautzsch
Kreistagsabgeordneter
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