Windparks - Warum die Kompromissfindung so wichtig ist
Der Verwaltungsausschuss hat in einer Sitzung am 15. Februar 2024 die Entscheidung zur Errichtung von zwei großen Windparks auf dem Gebiet der Gemeinde Sassenburg zurückgestellt. Ich möchte nochmals etwas genauer erläutern, warum die Kompromissfindung so wichtig ist.
Meine persönliche Meinung ist gegen die Errichtung von Windkraft-Anlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Sassenburg. Diese Meinung hat sich seit 2013 auch nicht geändert. Hätte ich die Entscheidungsgewalt, würde ich dies verhindern. Trotzdem suche ich zusammen mit unserer Fraktion einen Kompromiss.
Die Frage ist, ob ich oder überhaupt jemand aus der Gemeinde Sassenburg Einfluss nehmen kann. Es sind einfach die Vorgaben / Gesetze der Bundes- und Landesregierung, welche insbesondere den Kommunen kaum noch einen Handlungsspielraum geben. Der Regionalverband ist verpflichtet, Flächen innerhalb der Flächenziele bis zum Jahr 2027 auszuweisen.
Aus meiner persönlichen Sicht ist ein Kompromiss daher auch mehr als Schadensbegrenzung zu verstehen, um noch Einfluss nehmen zu können. Das die Energiepolitik der SPD geführten Bundesregierung oft nicht durchdacht ist, schlägt jetzt bis zur Haustür der Bürger durch. Die Energiepolitik war auch mein Hauptgrund dafür, mich an den Protesten gegen die Bundesregierung zu beteiligen.
Deutschland darf nicht als Schwerpunkt auf eine Energiezeugung setzen, die nicht ohne Unterbrechungen zur Verfügung steht, um bei Bedarf mit Greenwashing Atom- und Kohlestrom aus dem Ausland zu importieren. Oder wollen wir nur bei Wind und Sonne arbeiten gehen, Essen kochen oder die Wohnung mittels Wärmepumpe beheizen? So weit zu denken, scheint dem "Fachpersonal" der Regierung sehr schwer zu fallen.
CDU und SPD spüren den starken Gegenwind
CDU und SPD dürften den starken Gegenwind in der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses aus der Bevölkerung deutlich im Nacken gespürt haben. Ein Änderungsantrag der SPD/Wirsa-Gruppe ist daher nur ein Versuch, die eigene Position medienwirksam abzumildern und zu verschleiern. Zur Erinnerung: CDU und SPD haben noch vor wenigen Tagen für den maximalen Ausbau gestimmt.
Der Verwaltungsauschuss hat daher auch nicht einen Änderungsantrag der SPD/Wirsa-Gruppe angenommen, sondern einen fraktionsübergreifenden Kompromiss, um letztendlich auch eine Einigung mit allen Fraktionen des Gemeinderates zu finden. Diese extra Runden machen nur Sinn, wenn auch SPD und CDU bereit sind , von ihrer maximalen Position abzurücken. Oder ist alles nur wieder ein Schauspiel wie es die Bürger vom Bernsteinsee leidvoll erfahren mussten? Unzählige Runden und sehr viele Eingaben der Bürger hatten letztendlich gar keinen Einfluss auf die Entscheidung von CDU und SPD.
Fachleute für Kompromissfindung hinzuziehen
Hatte der Investor in der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses im Stil einer Hochglanz-Katalog-Präsentation ausschließlich die Vorteile vorgetragen, besteht mittlerweile fraktionsübergreifend die Auffassung, dass dies nicht ausreichend ist. Auch die Nachteile müssen schonungslos Teil der Debatte sein. Unsere Fraktion hat beispielsweise folgende Institutionen zur Beteiligung an der Debatte vorgeschlagen:
- Koordinationsstelle der Natur- und Umweltschutzverbände im Landkreis Gifhorn (KONU) mit der Geschäftsführerin Frau Stefanie Hillmann
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V. mit dem 1. Vorsitzenden Herrn Manfred Michel
- Netzbetreiber LSW mit Thema Netzanschluss, Netzausbau und Netzentgelte
Beispielsweise war Eisabwurf bisher noch nie Thema in der Debatte oder Vorstellung des Investors. Kein Schwerpunktthema, aber es zeigt, dass noch nicht alle Argumente auf dem Tisch sind.
Bürgerbegehren / Bürgerentscheid hat Tücken
Für ein Bürgerbegehren / Bürgerentscheid, also eine formelle Bürgerbefragung, sind hohe rechtliche Anforderungen gestellt. Der Gemeinderat gibt die Entscheidung an die Bürger der Kommune ab. Dabei ist die Beschaffung von Unterschriften zur Stützung des Bürgerbegehrens von mindestens 10 Prozent der Wahlberechtigten, in der Gemeinde Sassenburg wären dies immerhin 940 Unterschriften, die kleinste Herausforderung.
Die Fragestellung beim Entscheid muss mit JA oder NEIN zu beantworten sein, ist daher mehr oder weniger eine digitale ALLES oder NICHTS Entscheidung. Selbst bei einer NEIN-Entscheidung bedeutet dies nicht zwangläufig , dass dann keine Windkraft-Anlagen errichtet werden (siehe Einleitung des Beitrags).
Trotzdem spreche ich mich für eine direkte Demokratie mit Beteiligung der Bürger aus. Die Fragestellung in dem Bürgerentscheid könnte lauten: "Den fraktionsübergreifenden Kompromiss zur Errichtung von Windkraft-Anlagen in der Gemeinde Sassenburg nehme ich an".
Findet sich kein Kompromiss, könnte der bereits fertige "ALLES oder NICHTS" Antrag für ein Bürgerbegehren / Bürgerentscheid jederzeit eingereicht werden, allerdings mit den zuvor beschriebenen Tücken.
Andreas Kautzsch
Bildnachweis © B.I.G.-Sassenburg