Erhöhung der Grundsteuer unwirksam?
Die Gemeinde Sassenburg hat ihre Grundsteuer ab dem 01.01.2020 deutlich erhöht. Zum Thema Grundsteuer erreichte uns ein Beitrag von Hartmut Wipper, Steuerberater und B.I.G.-Mitglied der ersten Stunde, welcher auch in der Fachzeitschrift "DATEV magazin", Ausgabe Juli 2019, veröffentlicht wurde. Den ungekürzten Bericht finden am Ende des Beitrags.
Hartmut Wipper: Kaum eine Steuerart ist so umstritten wie die Grundsteuer, die der Bund versucht hat zu reformieren. Streit besteht insbesondere auch darüber, ob die Grundsteuer abzuschaffen ist. Selbst Experten beim Bundesfinanzministerium (BMF) haben in einem Gutachten schon den Ersatz der Grundsteuer in Erwägung gezogen.
Denn mit der Einführung der (personenbezogenen) Einkommensteuer hätte die Grundsteuer eigentlich abgeschafft werden müssen. Dies ist nur deshalb nicht geschehen, weil eine Rechtfertigung für die Grundsteuer teilweise weiterhin besteht, aber nur insoweit als durch die (Sachen) Grundstücke für die Gemeinden (sachbezogene) Kosten entstehen.
Da die Grundsteuer eine (sachbezogene) Objektsteuer ist, knüpft die Besteuerung ausschließlich an das Objekt (das Grundstück) an, d. h. ohne dabei die persönlichen Verhältnisse der Eigentümer*innen, z. B. Anzahl der Familienmitglieder oder ihre finanzielle Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich, dass nur sach- bzw. objektbezogene Leistungen der Kommunen bei der Rechtfertigung der Festsetzung der Grundsteuer zu berücksichtigen sind. Nicht aber personenbezogene Leistungen.
Grundsteuer nur für bestimmte Kosten
Die Grundsteuer dürfte somit weitgehend nur für folgende Kosten festgesetzt werden:
- Straßen-Reparaturkosten und Verkehrssicherungskosten
- Kosten des Straßen-Haftungsrisikos für Schäden usw.
- Kosten für Brandschutz (Versicherungsentschädigungen möglich)
- Kosten der Gefahrenabwehr
- Betriebskosten Straßenbeleuchtung und Kosten für deren Wartung
- Straßen-Entwässerungskosten
- Kosten für zu pflegende Anlagen
- Kosten für den Winterdienst.
Nicht dazu gehört selbstverständlich der Kern der objektbezogenen Leistungen für die bereits gesonderte Bescheide bzw. Rechnungen erteilt werden. Dazu zählen Straßenausbaubeiträge, Erschließungsbeiträge, jährliche Konzessionsabgaben für Strom und Heizung, Schmutzwassergebühr, Regenwassergebühr, Müllabfuhrgebühr).
Um eine zulässige, also zu rechtfertigende Grundsteuerfestsetzung zu erreichen, ist seitens der Gemeinden insbesondere zu prüfen, ob die Grundstücke hier sach- bzw. objektbezogene Kosten gegen die Gemeinden verursacht haben.
Genau dies tun die Gemeinden aber eben grundsätzlich nicht und damit entfällt hier von vornherein jegliche Rechtfertigung für die Festsetzung von Grundsteuern. D. h. die Grundsteuerfestsetzungen erfolgen zur Zeit grundsätzlich willkürlich (allgemein) zur Deckung des Haushalts. Derartig erteilte Grundsteuer-Bescheide sind somit von vornherein gem. § 125 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) nichtig und damit gem. § 124 Abs. 3 AO unwirksam.
Fazit für die Grundsteuererhöhung
Die hauptsächlich mit gestiegenen Kosten in der Kinderbetreuung begründete Erhöhung der Grundsteuer in der Gemeinde Sassenburg ist damit eindeutig unzulässig. Denn hierbei handelt es sich zweifelsfrei um (gestiegene) personenbezogene Kosten.
Die Lokal-Zeitungen haben bisher kaum über die Steuererhöhungen berichtet. Das Thema scheint bewusst in den Hintergrund gerückt zu werden!
Symbolbild von Wilfried Pohnke auf Pixabay
Auszug aus der Fachzeitschrift "DATEV magazin" Ausgabe Juli 2019