Haushalt: Das Wasser steht bis zum Hals
In der Sitzung des Gemeinderates im Stüder Bürgerhaus war nur noch das Thema Haushalt 2023 auf der Tagesordnung verblieben. Alle anderen Themen, wie beispielsweise der Satzungsbeschluss zum neuen Bebauungsplan (B-Plan) für den Bernsteinsee, wurden erwartungsgemäß von der Tagesordnung genommen, weil zuvor im Verwaltungsauschuss eine Abstimmung bzw. Rückstellung erfolgt ist.
Helmut Hermann (CDU) brachte es auf den Punkt - der Gemeinde Sassenburg steht das Wasser bis zum Hals! Fraglich bleibt dann aber, warum es insbesondere in der CDU-Fraktion immer noch daran mangelt, sich auf kostengünstigere Alternativen, zum Beispiel durch unsere B.I.G.-Fraktion vorgeschlagen, einzulassen. Mit festgefahrenen Positionen wie "Ich will den Neubau des Rathauses" wird man nicht die Zustimmung der B.I.G.-Fraktion zum Haushalt gewinnen. Besonders in dieser Krise sind clevere Ideen gefragt. Und ja, unsere B.I.G.-Fraktion sieht sich als Ideenmotor in der Gemeinde Sassenburg - seit Jahren - mit einem Führungsanspruch aufgrund der Ergebnisse der Kommunalwahl. Auch das gehört zu einer realistischen Einschätzung dazu.
Peter Weber, finanzpolitischer Sprecher der B.I.G.-Fraktion, in seiner Rede zum Haushalt 2023:
Die mittelfristige Finanzplanung sieht im Jahre 2026 einen Schuldenstand von 36 Millionen Euro vor. Das bedeutet einen weiteren massiven Anstieg der Verschuldung.
In den Haushaltsberatungen kam das Argument, dass die Verschuldung gar nicht so schlimm sei, da ja erhebliche Vermögenswerte dagegen stehen. Bilanztechnisch ist das richtig, aber es verschleiert unser Problem. Wenn ein Betrieb oder ein Privatmann zu viele Schulden hat, kann er einen Teil des Vermögens verkaufen, um wieder liquide zu sein. Das kann die Gemeinde nur zum Teil oder gar nicht. Vermögen bedeutet im privaten Sektor, dass ich Gewinne, Zinsen oder Dividenden, also Einnahmen, generieren kann. Bei der Gemeinde ist dies genau umgekehrt. Das Vermögen der Gemeinde kostet Geld, also Ausgaben, in Form von Betriebskosten. Überspitzt gesagt, wäre es besser, wenn die Gemeinde nicht so viel Vermögen hätte.
Die jährliche Zinsbelastung steigt von 2021 zu 2026 um das Zehnfache. Von derzeit 60.000 Euro auf über 1.000.000 Euro - und das nur unter der Maßgabe, das der unterstellte Zinssatz von 3,5% auch eingehalten wird. Zurzeit liegt der durchschnittliche Immobilienkreditsatz bei 4% und alle Fachleute sagen einen weiteren Zinsanstieg voraus. Dieser gewählte Zinsansatz würde also heute schon nicht funktionieren. Die jährliche Tilgungsbelastung steigt auf 1,3 Millionen Euro im Jahr 2026. Dies wird aber nur geschafft, in dem man die Tilgung auf 3,5 Prozent verringert. Das bedeutet, das ich, auch bei guter Führung hier auf Erden, die Gesamttilgung dieser Kredite nicht mehr erleben werde.
Der Ergebnishaushalt weist dieses Jahr und für alle weiteren Jahre bis zum Jahr 2026 ein negatives Ergebnis auf. Das heißt, wir machen jedes Jahr Verluste mit steigender Tendenz. In Summe sind das bis 2026 geschätzt rund 10 Millionen Euro. Wir verlieren also Vermögen.
Wäre die Gemeinde eine Privatperson wäre sie ein Fall für den Schuldnerberater!
Und was würde der Schuldnerberater raten: Runter mit den Ausgaben!
Was machen wir? Wir geben über 600.000 Euro für zwei Fahrbahnverschränkungen in Westerbeck aus, deren Wirksamkeit selbst bei Fachleuten umstritten ist. Das wäre ein Drittel des Feuerwehrgerätehaueses in Grußendorf.
Im Finanzausschuss wurde von jemandem sinngemäß dazu gesagt, dass es sich
- um ein Jahrhundertbauwerk handelt und es
- darauf auch nicht mehr ankommt
Über das Jahrhundertbauwerk kann man noch diskutieren, aber über die Haltung "darauf kommt auch nicht mehr an" absolut nicht. Das wäre, als wenn man im privaten Bereich auf pump sich ein neues Wohnzimmer kauft und dann eine schöne neue Küche findet und diese auch noch auf pump kauft, nach dem Motto, darauf kommt es auch nicht mehr an. Ich denke, niemand hier im Raum würde so privat handeln. Nur warum handeln wir so beim Gemeindehaushalt?
Was würde ein Schuldnerberater noch raten? Mehr Einnahmen generieren!
Was machen wir? Ich habe fast 20 Stunden in diversen Fachausschüssen zum dem Thema Haushalt gesessen und wir haben ca. 15 Minuten über Einnahmenverbesserung gesprochen! Die restliche Zeit wurde nur über Ausgaben gesprochen. Wobei ich mich manchmal wie an der Wursttheke gefühlt habe, nach dem Motto "darf es auch ein bisschen mehr sein". Allein diese Zeitaufteilung zeigt sehr gut die Schieflage bei den Haushaltsberatungen auf.
Ich weiß, was einige jetzt denken, meckern kann der Weber gut ,aber wo sind seine Vorschläge. Also ein paar absolut unabgestimmte Vorschläge von mir:
- Gleiche Beratungszeit für Ausgaben und Einnahmen
- Vorantreiben der Photovoltaik-Großanlagen. Und mit den möglichen Investoren über eine Bürgerbeteiligung verhandeln. Das würde die Akzeptanz der Bürger erhöhen.
- In die Diskussion über einen Bürgerwindpark einsteigen.
- Weitere Anwerbungen von Gewerbetreibenden
- Bis auf weiteres keine weiteren / keine neuen Baugebieten ausweisen, denn wir können uns die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen nicht leisten.
- 10 prozentige Reduzierung der Personalkosten in der Verwaltung bei gleichzeitiger Reduzierung von Bürgerserviceleistungen.
- Einstieg in die Diskussion über Steuererhöhungen.
Tja , wenn ich so in Ihre Gesichter schaue - ich kann das verstehen - Geld ausgeben macht mehr Spaß! Frau Merz (CDU - Vorsitzende des Finanzausschusses) Sie haben bei der Finanzausschusssitzung sinngemäß gesagt, als die Vertreter der B.I.G.-Fraktion den Haushalt abgelehnt haben - wie immer.
Ich würde liebend gern dem Haushalt zustimmen und glauben Sie mir, es ist nicht lustig zu dem Thema Haushalt die Spaßbremse zu spielen - weder hier noch in meiner Fraktion. Meine Fraktion kann hierzu ein Lied singen. Wenn Herr Singpiel von der AfD in einer Haushaltsberatung zetert, da ist Ihr Fraktionskollege ganz anderer Meinung, dass sei reiner Populismus, da kann ich nur drauf antworten, für mich ist es ganz normal in einer Demokratie anderer Meinung zu sein, das ist ganz normal. Aber vielleicht Herr Singpiel, haben wir beide ein anderes Demokratieverständnis - nein, ich bin mir sicher.
Es kann nicht unseres gemeinsames Ziel sein, unseren Nachfolgern einen total zerrüttenden Haushalt zu überlassen und es kann doch nicht das Ziel unseres Bürgermeisters sein, als erster Bürgermeister in der Geschichte der Sassenburg einzugehen, der die Gemeinde in die kommunale Finanzaufsicht führt.
Ich höre manchmal , Du hast ja recht mit den Schulden. Aber ich will nicht recht haben, ich möchte, dass was passiert.
Ich bedanke mich, das Sie mir zu gehört haben.
(Gültig ist das gesprochene Wort)
Bildnachweis © B.I.G.-Sassenburg