Kosten Ganztagsbetreuung - Ministerpräsident antwortet
Können Sie sich noch an den Besuch von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zum Bürgerdialog „Auf ein Wort“ in Wahrenholz Ende Januar 2024 erinnern? Der Ansturm auf die Veranstaltung war durch die Proteste von Landwirten gegen die Sparpläne der Bundesregierung riesig, sodass durch nur eine kleine Anzahl von ausgewählten Personen an dem Bürgerdialog teilnehmen durfte und wir keinen Platz mehr bekommen hatten.
Die vorbereiteten Fragen haben wir im Anschluss schriftlich per Email an Ministerpräsident Stephan Weil über die Niedersächsische Staatskanzlei gesendet und tatsächlich für eine Frage eine Antwort herhalten.
Die Frage war: "Auf Entscheidung der SPD geführten Bundesregierung soll die Ganztagsbetreuung/Ganztagsschule eingeführt werden. Wir in der Gemeinde Sassenburg bekommen nur eine Förderung von 41 Euro pro Einwohner für drei Grundschulen. Ein Witz im Verhältnis zu den anfallenden Baukosten von 10-15 Millionen Euro. Warum steht in einem Land mit der höchsten Abgabenbelastung für die Bürger kein ausreichendes Geld für Bildung und Kinderbetreuung zur Unterstützung der Kommunen zur Verfügung?"
Antwort des Ministerpräsidenten über das zuständige Niedersächsische Kultusministeriums (auszugsweise): Im Zusammenhang mit dem Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter gewährt der Bund den Ländern Finanzhilfen aus einem Sondervermögen in Höhe von insgesamt 2,75 Mrd. Euro. Inkl. der nicht verausgabten Mittel aus dem sog. Beschleunigungsprogramm erhält Niedersachsen nach Königsteiner Schlüssel rund 278 Mio. Euro.
Das Ganztagsfinanzhilfegesetz (GaFinHG) sieht vor, dass sich die Länder bzw. Kommunen mit mindestens 30 % am Gesamtvolumen des öffentlichen Finanzierungsanteils beteiligen. Das Land Niedersachsen übernimmt den hälftigen Kofinanzierungsanteil und stellt dafür in den Jahren 2024 bis 2027 Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt rund 55 Millionen Euro zur Unterstützung der Kommunen bei den Investitionskosten zur Verfügung. Die zweite Hälfte des Kofinanzierungsanteils ist durch die jeweilige Kommune zu erbringen.
Hinsichtlich einer transparenten und gerechten Mittelverteilung wurde nach Abstimmung mit den Kommunalen Spitzenverbänden (KSV) schließlich die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in den Jahrgängen 1 bis 4 in den einzelnen Kommunen als Kriterium zugrunde gelegt. Der bisherige Ausbaustand der Ganztagsschulen vor Ort wurde bewusst nicht in den Fokus genommen, um hier eine gewisse Bevorteilung derjenigen Kommunen, die noch keine oder wenig Ganztagsschulen eingerichtet haben sowie eine Benachteiligung derjenigen Kommunen, die in den letzten Jahren eigenverantwortlich viel finanziert haben, zu vermeiden. Durch die Übernahme des hälftigen Kofinanzierungsanteils durch das Land wird auch finanzschwachen Kommunen eine Inanspruchnahme des Investitionsprogramms ermöglicht.
Die zur Verfügung stehenden Bundes- und Landesmittel dienen der Unterstützung der Kommunen und müssen entsprechend der Vorgabe des Bundes zusätzlich eingesetzt sowie ausschließlich für Investitionen und Maßnahmen verwendet werden, die dem Ganztagsschulausbau bzw. der qualitativen Weiterentwicklung der Ganztagsschule dienen.
Es ist nicht vorgesehen, kommunale Mittel für ohnehin anstehende Bau- oder Investitionsmaßnahmen durch Bundes- und/oder Landesmittel zu ersetzen, da Investitionsvorhaben, die Schulgebäude betreffen, grundsätzlich in der Eigenverantwortlichkeit der Kommunen liegen.
Gleichzeitig haben Land und Kommunen gemeinsam das Interesse, dass der Bund anfallende Kosten im Zuge seiner Gesetze angemessen kompensiert, da weder Land noch Kommunen diese selbst erwirtschaften können. Wir waren bemüht, die Richtlinie hierbei unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundes möglichst einfach zu gestalten.
Abschließend möchte ich Ihnen versichern, dass die Landesregierung die finanzielle Belastung der Bürgerinnen und Bürger im Blick hat und deswegen auch das Kultusministerium die öffentlichen Gelder stets zum Wohle der Schülerinnen und Schüler investiert. Das Land stellt bspw. aktuell finanzielle Mittel in Höhe von rund 134 Mio. Euro jährlich für die Sicherstellung der Verlässlichkeit und die Erteilung der außerunterrichtlichen Angebote an Ganztagsgrundschulen bereit. Durch den steigenden Personalbedarf durch die Einführung des Rechtsanspruchs geht das Land derzeit ab dem Schuljahr 2029/2030 von Kosten in Höhe von insgesamt ca. 258 Mio. Euro jährlich aus.
Zusammenfassung: Die Gemeinden werden auf den Investitionskosten für die Erweiterung der Grundschulen und Umsetzung der Ganztagsbetreuung sitzen bleiben und sich dadurch hoch verschulden müssen. Für vieles (unnötiges) ist Geld in diesem Land und für die ganze Welt da. Nur im Bereich Bildung, Schule, Kinder, Familien, Rente, Gesundheit etc. muss "gespart" werden. Es wird Zeit, dass eine andere Regierung dies ändert und Prioritäten anders setzt.
Die Frage von Fabian Hoffmann, B.I.G.-Ortsbürgermeister von Neudorf-Platendorf, "warum die niedersächsische Landesregierung unter Ministerpräsident Weil die Sparpläne/Gesetzesänderungen der Bundesregierung im Bundesrat mitgetragen hat" wurde leider gar nicht beantwortet.
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